Radmuttern nachziehen

  • Das mag sich ja in der Theorie alles schön lesen, aber wichtig ist, was es in der Praxis bedeutet.
    Wenn unser DippelIng für eine Verschraubung 20 Nm festlegt (er hat ja studiert),
    hat diese Schraube ein Toleranzfenster von +5 Nm, das sind mal eben 25%.
    Wir haben im Werk 16 Nm Verschraubungen, die bis 20 Nm noch in der Toleranz sind,
    was ebenfalls einer Erhöhung von 25% entspricht.
    Noch arger wird es in den unteren Bereichen, von z.B. 6 Nm,
    die bis 8 Nm angezogen werden dürfen, was dann bereits schon 33% sind.


    So. Jetzt zieht der Werker seine 20 Nm Verschraubung ordnungsgemäß an.
    Der Gruppensprecher kontrolliert das sofort und gibt grünes Licht.
    Am Ende des Bandes, wenn die Autos auf der Rolle waren, wird nochmal geprüft
    und plötzlich hat die Verschraubung nur noch 16 Nm (Toleranz 18-25Nm), also NOK.
    Man sieht auch an den Toleranzvorgaben, dass diese meist nach oben tendieren,
    denn es ist immer sicherer, eine Schraube etwas fester, als zu lose anzuziehen.
    Und genau das ist auch bei den Rädern der Fall. 130 Nm sind absolut im grünen Bereich.
    Wenn er allerdings jetzt mit 110 Nm anzieht und sein Drehmomentschlüssel zieht
    genau wie meiner mit 10 Nm zu wenig an, geht er ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ein.
    Eine Radschraube ist bei 130 Nm dagegen weit entfernt davon, beschädigt zu werden,
    oder gar abzureißen.
    Meine Meinung.

    Fährste quer - siehste mehr!
    Aktuell: Astra J GTC OPC, Onyx Schwarz, Leder, 20", H&R 30mm, EDS Phase 1

    Verkauft: Corsa E OPC, Karbon-Silber, Performance Paket, Leder
    Verkauft: Corsa D 1.6 Turbo EDS Phase 1 IPF 240PS/330Nm, Bilstein B12 Pro

    2 Mal editiert, zuletzt von Fluchtwagenfahrer ()

  • uhh, liest sich schon ziemlich spannend + sachlich zwischen euch beiden !
    wollt ich mal so loswerden und laienhaft wieder stille-halten ;o)


    aber doch eins: gibt's denn so bekannte brachial-werte wo's dann wirklich arg zuviel ist und die wahrscheinlichkeit mehr als hoch ist, dass die schraube reißt/bricht etc.
    wann tut sie das dann ?!? kann das jahre gut gehen und 1 heftiges schlagloch verpasst ihr's dann über ?!?

  • Also laut Drehmomentrichtwerttabelle wären bei M12x1,5 mit 10.9 bei 130 Nm ja noch nicht zu viel. Der Richtwert liegt dort bei 143Nm.


    Ich denke, dass das der Schraube also noch nichts ausmacht.


    Aber natürlich sollte man sich an die Herstellervorgaben halten.


    Habe selber erst kürzlich ne 10.9er M10 mit 110Nm lang gezogen, weil sie vermutlich auch durch einfetten überdehnt war.
    Das geht dann ruck zuck ohne großen Kraftaufwand.
    Kam mir schon verdächtig vor, weil man eben spürt dass eine Schraube sofort fest wird, wenn man sie mit dem Drehmomentschlüssel abknackt.


    Deswegen einfach den Solldrehmoment einhalten ohne Fett zu nehmen und nach 200 Km noch mal nachprüfen, wenn sich alles gesetzt hat.


    Zumal es denke ich doch hier mehr darum ging, wieso man Radschrauben nachkontrollieren muss. Das steht aber auf jeder Rechnung meine ich.


    Ist also nen rechtliches Ding, weil es wohl schon Fälle gab, wo sich Verschraubungen gelöst haben.

    Corsa D GSi - Nr. 1658
    Pipercross Luftfilter, Forge Strebe, OPC-Blinkerblenden und schwarze Blinker, Touch&Connect plus beleuchteten USB-Anschluss, HiFi Umbau mit Ampire Active 8 Sub und SL165 2Wege Compo inkl. Soundstream Picasso Amp und Hertz-Coaxlautsprechern inkl. Dämmung, Fox Gruppe A und 60er VKER, Silikonschlauch zum LMM, Software Speed-Concept,


    Geplant: Fahrwerkstieferlegung (Eibach), Forge Umluftventil (intern), restliche Silikonschläuche zum LLK-turbo und LLK-Drosselklappe.

  • Ich denke du hast dir die Anzugsmomente auch aus dem Blauheft von Ribe besorgt mit einem üblichen Reibbeiwert von 0.14. Das passt prinzipiell für Sechskantschrauben nach Din 931. Unsere Radschrauben sind Kegelbundschrauben. Da ist der mittlere Kopfradius kleiner als bei einer vergleichbaren Sechskantschraube, sprich die Kopfreibung ist absolut gesehen kleiner. Also bewirkt das gleiche Drehmoment mehr Vorspannung.
    Ich will ja garnicht behaupten, dass irgendjemandem hier zwingend die Räder um die Ohren fliegen müssen wenn er auf x Nm anzieht, aber wie schon gesagt gibt es von konstruktiver Seite keine Notwendigkeit mehr als nötig draufzupacken.
    Das Drehmomentvorspannen ist technisch nur eine Notlösung. Ich weiß, dass z.B. Daimler im Werk die Radschrauben mittels Streckgrenzenverfahren anzieht. Da misst eine Elektronik die Leistungsaufnahme und den Drehwinkel des Schraubers. Sobald die Stromaufnahme nicht mehr linear mit dem Drehwinkel ansteigt, ist die untere Streckgrenze erreicht und der Schrauber schaltet ab. Diese Tools hat natürlich niemand zu Hause oder in der Werkstatt, daher müssen dann alle wieder auf die Drehmoment-Krücke zurückgreifen.
    Ich schau aber morgen mal ins TIS was die Einfettung angeht, beim BMW X1 steht in der Betriebsanleitung man soll den Konus (nicht Gewinde) einmal jährlich einfetten, würde mich jetzt wirklich mal interessieren wie das bei Opel aussieht (in der BA steht nichts). Vielleicht muss ich meine Anti-Einfettungs-Haltung mal auf den Prüfstand stellen. Schau ich morgen mal.
    Wer sich für das Thema interessiert sollte auch mal bei Keller&Kalmbach in der Knowledgebase schauen, da sind viele interessante PDFs.


    Wir sind tatsächlich ein bisschen Off-Topic... Hoffe es merkt keiner ;)


    flex-didi: Das mit dem sachlich bleiben fällt mir hier wirklich nicht schwer, Fluchtwagenfahrer macht auf mich den Eindruck, dass er weiß wovon er spricht und er wird ja selbst nicht persönlich. Find ich klasse! :top:
    Ich geh hier ziemlich ergebnisoffen damit um (auch wenn das vermutlich nicht so rüber kommt). Ich studiere ja noch, wenngleich ich von meinem Werkstudentenjob einen Schraubenhersteller und seine QS-Abteilung ganz gut kenne. Aber wirklich langjährige Praxiserfahrung habe ich - wie man sich denken kann - nicht. Daher finde ich es einfach interessant, mit jemandem, der die Anwendersicht kennt, zu diskutieren.

    4 Mal editiert, zuletzt von huego ()

  • Mir ist schon klar, dass das eine für Sechskantschrauben gilt und wir aber in diesem Fall ja Kegelbundschrauben haben.


    Also einen anderen Reibbeiwert und Vorspannung.


    Aber in etwa vergleichbar, dass eine Schraube mit den Gewindemaßen nicht schon total überzogen wäre.


    Aber mal was zu deiner Überlegung:


    Wenn ich jetzt aber nur den Bund fetten würde beeinflusse ich doch ebenfalls den Reibbeiwert, oder etwa nicht?


    Da wird durch den noch kleineren Reibbeiwert die Kopfspannung ja noch größer bei gleichem Moment.


    Ich finde ordentlich sauberbürsten bei Radbolzen reicht vollkommen.


    So habe ich das gelernt, dass man diese nicht fettet.


    Und in der Theorie mag das ja möglich sein, dass die Kräfte anders sind und rein rechnerisch das Teil stärker belastet wird. Aber ich möchte wetten dass schon lose Radbolzen verloren gingen in der Praxis, aber selten bis gar nicht zu fest angezogene Schrauben plötzlich im Betrieb abgeknallt sind. Wenn dann knallts schon beim überziehen der Schrauben in der Regel.
    Zumindest ist mir da nichts bekannt.

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  • Zitat

    Original von GSi-freak82Aber ich möchte wetten dass schon lose Radbolzen verloren gingen in der Praxis, aber selten bis gar nicht zu fest angezogene Schrauben plötzlich im Betrieb abgeknallt sind. Wenn dann knallts schon beim überziehen der Schrauben in der Regel.
    Zumindest ist mir da nichts bekannt.


    Geht mir auch so.
    Ich fahre jetzt seit 27 Jahren und hab früher die Radbolzen/Muttern ohne Drehmomentschlüssel
    mit dem Radkreuz angezogen (mit dem Fuß auf der Gegenseite) :tongue: :wb:
    Trotzdem ist mir nie eine Schraube gebrochen.
    Aber kaum ziehe ich mit vorgeschriebenem Drehmoment an, klackert mir´n loser Bolzen in der Felge.
    Ursache im Nachhinein erkannt: Der billige ATU-Schlüssel knackt weniger ab, als eingestellt ist.


    Ich meinte auch nicht, dass man generell mit 130 Nm anziehen sollte, aber ich persönlich
    würde bei 130 jetzt nicht extra die Schrauben lösen und wieder mit 20 Nm weniger anziehen.
    Ich ziehe meine jetzt mit 120 Nm an/nach, aber im Wissen, dass dies echte 110 Nm sind.

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